Steffen Hunder

Steffen Hunder

Was uns nicht umbringt, macht uns stärker – das kann die Geschichte unseres Kreuzeskirchviertels wohl bezeugen. Man könnte sogar sagen, dass es im gleichen Maße für die Menschen, wie für Bauwerke gilt, doch oft sind deren Schicksale untrennbar.

Im Wesen der Kreuzeskirche sind viele Geschichten verflochten und verschmolzen. Die Story, die hier erzählt wird, gilt dem Pfarrer.

Steffen Hunder kommt aus Waldheim, einem kleinen Ort in Sachsen. Doch dort verbringt er nur die ersten drei Jahre seines Lebens. Dann entschließen sich seine Eltern, nach Westen zu flüchten – eine Entscheidung, die für die ganze Familie alles verändert.

Nichts ist mehr wie früher. Fast keine Kontakte, eine bescheidene Flüchtlingswohnung, die Umgebung ist selten freundlich – hier ist die Familie Hunder fremd.

Als Steffens Mutter lebensbedrohlich erkrankt, müssen die Kinder in der Verwandtschaft verteilt werden: Steffen kommt zu einer Kusine seiner Mutter nach Castrop-Rauxel. Mit sechs Jahren hat der Junge nun keine enge Bezugsperson mehr in seiner Umgebung. Er zieht sich oft zurück. Im Garten seines Onkels verbringt er gerne die Zeit in Gesellschaft von Haustieren. 

Nach neun Monaten, als der Gesundheitszustand der Mutter sich verbessert, kommen die Kinder zurück nach Düsseldorf.
Es braucht seine Zeit, bis Steffen Hunder sich hier wieder einlebt. Richtig aufgeblüht ist der Junge erst in der Realschule, wo er auf eine tolle Klassengemeinschaft und gute Lehrer trifft. „Da ist mir ein Stück Heimat gewachsen“- sagt er noch heute. 

Im Konfirmandenunterricht ist Steffen einer der eifrigsten Schüler und hat sehr viel Spaß beim Lernen von Psalmen und biblischen Geschichten. Sind die schwierigen Zeiten nun wirklich vorbei? 

Das Gymnasium macht ihm, wie vielen anderen Kindern aus Arbeitervierteln schwer zu schaffen. Es muss so viel aufgeholt werden… Viele haben das Gymnasium nach dem Probejahr wieder verlassen. Steffen hat es geschafft, wie er auch das Studium der Evangelischen Theologie geschafft hat. Nach vier Semestern in Bonn studiert er weiter in Göttingen und lernt dort seine zukünftige Frau kennen, die beiden heiraten.

Später kreuzen sich die Wege des jungen Pfarrers und der kleinen Kreuzeskirchgemeinde in Essen. Das 100 Jahre alte, im Krieg zerstörte und wieder aufgebaute Gotteshaus hat einen großen emotionalen Wert für viele Essener. Doch als Hunder die Gemeinde übernimmt, hat er wenig Grund zur Freude.

Das Gebäude ist marode und bedarf dringend einer gründlichen Sanierung. Die vermutlichen Kosten liegen bei 10 Mio. Euro – eine Summe, die für die Gemeinde nicht tragbar ist. Die Perspektiven sind düster: Der Abriss der Kirche scheint unvermeidlich zu sein. 

Jedoch ist unser Leben ein ständiger Wandel. Irgendwann geht die bedrückte Stimmung des Pfarrers und der Gemeindemitglieder in Empörung über, dann entsteht daraus eine Flamme der Entschlossenheit, die bald viele Bürger ergreift. Dem Pfarrer verleiht dies viel Energie, die er in die Rettung der Kirche steckt: Mit dem Ziel, die nötigen finanziellen Mittel zu sammeln, wird ein Bauverein gegründet. 

Das Aufsehen in der Öffentlichkeit ist groß und bewirkt eine positive Wende. Das Land unterstützt die Gemeinde mit Städtebauförderungsmitteln. Stolze 80% der Sanierungskosten sollten damit abgedeckt werden.

Mit großem Optimismus beginnt Steffen Hunders Gemeinde mit der Sanierung und erlebt bald eine weitere herbe Enttäuschung – die Kosten fallen viel höher aus als gedacht. Die neue Summe ist auch für die Landesbehörden nicht tragbar, Medien sprechen wieder von einem bevorstehenden Abriss. 

Als es schon keine Hoffnung mehr gibt, geschieht etwas Unerwartetes: Reinhard Wiesemann steigt als Partner in das Projekt Kreuzeskirche ein. Das Geld ist wieder da. Doch mehr als das – gemeinsam wird für die Kirche ein neues und absolut revolutionäres Konzept entwickelt. Es bedarf nicht nur der kreativen Kraft aller Beteiligten, sondern der Offenheit des Pfarrers und seiner Gemeinde für die großen Veränderungen.

Die bevorstehenden kommerziellen Veranstaltungen in der Kreuzeskirche stimmen viele Bürger bedenklich, doch das Vertrauen zwischen den Partnern ist größer.

Heute ist die Kreuzeskirche ein Gotteshaus, wo sich Kirche und Gesellschaft, Kunst und Glaube, Wissenschaft und Theologie begegnen. Besser kann man es nicht haben – meint Steffen Hunder – ein Mensch mit offenem Herzen und offenen Augen. 

(Text und Bild von Agentur Kucherskyy "Special Content" - mit ganz besonderem Dank an Yevgeniy Kucherskyy für die wunderbare Zusammenarbeit.)
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